So funktioniert das Wahlsystem in den USA

Von Primaries über Wahlkämpfe bis zum Amtsantritt – ein Blick auf die Wahllandschaft in den Vereinigten Staaten
Das Weiße Haus in Washington D.C.

Das Weiße Haus: Alle vier Jahre entscheidet die Präsidentschaftswahl über die Frage, wer künftig aus dem Oval Office die Geschicke des Landes leiten darf

Die USA gelten als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, und wo es viele Möglichkeiten gibt, muss es auch eine Auswahl geben. Obwohl für uns bei CANUSA die wichtigsten Entscheidungen meist unsere beliebtesten Reiseziele betreffen, ist die bedeutsamste Wahl der USA mit Sicherheit diejenige des Präsidenten.

Wenn alle vier Jahre in den Vereinigten Staaten gewählt wird, blickt jeder gespannt über den Großen Teich, denn das amerikanische Präsidentschaftsamt gilt als die wichtigste politische Personalie der Erde. Weil uns neben dem Reiseziel USA auch Land, Leute und Kultur interessieren, beschäftigt uns das größte politische Ereignis der Vereinigten Staaten natürlich ebenfalls. In unserem Überblick erfahren Sie, wie die Wahl abläuft, welchen Einfluss das Verfahren auf die Parteienlandschaft hat und wie sich auf einer Reise ein gutes Gefühl für die politische Historie gewinnen lässt.

Die US-Wahlen auf einen Blick

Wann finden die Wahlen in den USA statt?

Die US-Wahlen finden alle vier Jahre am Dienstag nach dem ersten Montag im November statt – damit also immer zwischen dem 02. und 08. November eines Wahljahres. Im Schnitt rund anderthalb Monate früher beginnen bereits die Briefwahlen, wobei die genauen Daten von Staat zu Staat variieren. Die Vorwahlen, bei denen zunächst die Kandidaten der Parteien festgelegt werden, werden meist sechs bis neun Monate vor der eigentlichen Wahl abgehalten.

Wie läuft der Wahlprozess in den USA?

Das Wahlprozedere beginnt mit dem Wahlkampf für die sogenannten Primaries und Caucuses. Bei diesen Vorwahlen werden die jeweiligen Präsidentschaftskandidaten der Parteien bestimmt. Nach der Festlegung der Anwärter für die Präsidentschaft und die Vize-Präsidentschaft beginnt der Hauptwahlkampf. Die Wahlen selbst finden dann, wie bereits erwähnt, Anfang November statt. Um sechs Uhr deutscher Zeit öffnen die ersten Wahllokale. Aufgrund der Zeitverschiebung schließen die letzten erst gegen sechs Uhr deutscher Zeit am folgenden Mittwoch. Nach der Schließung der Wahllokale beginnt die Auszählung der Stimmen. Dies kann in einigen Staaten mehrere Tage dauern, insbesondere bei knappen Ergebnissen oder einer hohen Anzahl von Briefwahlstimmen.

Wann wird der Präsident vereidigt?

Der gewählte Präsident wird am 20. Januar des Jahres nach der Wahl in einer großen Zeremonie vereidigt – in den USA als Inauguration Day bezeichnet. Die Feierlichkeiten finden vor dem Kapitol in Washington D.C. statt. Fällt der Termin auf einen Sonntag, wird die Vereidigung zunächst im privaten Rahmen abgehalten und erst am darauffolgenden Montag gefeiert.

Das Wahlsystem der USA

Eine kurze Geschichte des amerikanischen Wahlrechts

Das US-Wahlsystem hat sich seit der Unabhängigkeit der USA und der Einführung der Demokratie im Jahr 1787 kontinuierlich weiterentwickelt. Zu Beginn waren fast ausschließlich weiße, protestantische Landbesitzer zur Teilnahme an der Wahl berechtigt. Nach und nach wurden konfessionelle Auflagen und obligatorische Eigentums- und Besitzvoraussetzungen abgeschafft. Rund 70 Jahre später, um 1856, war das Wahlrecht zunächst für alle weißen US-Bürger etabliert, bevor 1870 laut Verfassung alle Männer unabhängig ihrer Hautfarbe für die Wahl zugelassen wurden. Das Frauenwahlrecht wurde schließlich im Jahr 1920 in die Verfassung aufgenommen.

Wer kann Präsident werden?

Die allererste Hürde auf dem Weg zur Präsidentschaft ist – anders als vielleicht erwartet – nicht möglichst viele Leute von der eigenen Tauglichkeit zu überzeugen, sondern zunächst einmal die rechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Präsident darf nämlich nicht einfach jeder volljährige Bürger der USA werden. Um die politische Verfassung des Landes zu wahren, wurden von Beginn an besondere Anforderungen an die Anwärter gestellt. Diese Regeln gelten beinahe unverändert bereits seit Antritt des ersten Präsidenten der USA, George Washington. Dabei handelt es sich um folgende Grundvoraussetzungen:

  • Die Kandidaten müssen das 35. Lebensjahr vollendet haben
  • Sie müssen gebürtige US-Amerikanerinnen oder -Amerikaner sein
  • Der ständige Wohnsitz der Anwärter muss sich mindestens seit 14 Jahren in einem der 50 Bundesstaaten befinden

Kandidaten aus den Außenterritorien der USA, zu denen etwa Puerto Rico, Virgin Islands oder American Samoa gehören, können nicht für das Amt des Präsidenten kandidieren, da sie zwar die US-amerikanische Nationalität, jedoch nicht die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besitzen.

Der Mount Rushmore in South Dakota

Mount Rushmore: Das berühmte Denkmal in South Dakota zeigt einige der berühmtesten Präsidenten der USA – George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln

Die riesige Marmorskulptur von Abraham Lincoln im Lincoln Memorial in Washington D.C.

Abraham Lincoln: Der sechzehnte Präsident der USA legte mit der Bekämpfung der Sklaverei den Grundstein für die Ausweitung des Wahlrechts im Jahr 1871   

Wer darf in den USA wählen?

Auch die Wähler müssen gewisse Voraussetzungen erfüllen, um an der Präsidentschaftswahl teilzunehmen. Prinzipiell darf sich jeder US-Amerikaner an der Wahl des Präsidenten beteiligen, der 18 Jahre alt ist und die amerikanische Staatsbürgerschaft innehat. Zudem muss man sich in das Wahlregister des jeweiligen Bundesstaates und der jeweiligen Gemeinde eintragen lassen, in denen man lebt. Ebenso wie bei der Kandidatur sind auch im Falle der Wahl die Bewohner der Außenterritorien von der Teilnahme ausgeschlossen. Gleiches gilt für Inhaftierte und Menschen, die aufgrund schwerer Straftaten verurteilt wurden.

Was sind die amerikanischen Vorwahlen?

Bevor der eigentliche Präsidentschaftswahlkampf beginnt, müssen zunächst die Kandidaten der großen Parteien bestimmt werden. Man spricht hierbei von den Vorwahlen, die wiederum aus den sogenannten Primaries und Caucuses bestehen. Jeder Bundesstaat hält eine dieser beiden Wahlveranstaltungen ab, um Delegierte zu bestimmen. Diese Delegierten legen sich bereits vor ihrer Wahl auf einen Präsidentschaftskandidaten fest und verpflichten sich, diesen anschließend stellvertretend für die Partei-Basis zu bestätigen. Ähnlich wie bei der eigentlichen Wahl gibt es auch einen Vorwahlkampf mit öffentlichen Debatten, bei dem die unterschiedlichen Präsidentschaftskandidaten versuchen, die Wählenden von ihrer Eignung zu überzeugen.

Bei den Presidential Primaries handelt es sich hierbei um eine staatlich organisierte und finanzierte Wahlveranstaltung, die in geheimer Abstimmung in offiziellen Wahllokalen durchgeführt wird. Caucuses werden hingegen von den Parteien selbst ausgerichtet und bezahlt. Sie ähneln Parteiversammlungen und beinhalten neben der eigentlichen Wahl auch Debatten und Diskussionen. Die Abstimmungen werden je nach Caucus öffentlich oder geheim abgehalten. Ist der Vorwahlkampf erfolgreich abgeschlossen, werden die Kandidaten bei den Nominierungsparteitagen offiziell bestätigt. Danach steht der Hauptwahlkampf an, bei dem die Anwärter im Rahmen von landesweiten Kampagnen um die Wählergunst konkurrieren.

Wie läuft der Präsidentschaftswahlkampf in den USA ab?

Der eigentliche Präsidentschaftswahlkampf, auch Hauptwahlkampf genannt, beginnt nach den Vorwahlen und noch vor der tatsächlichen Bestätigung auf dem Nominierungsparteitag. Üblich sind dabei Wahlkampftouren quer durch die Vereinigten Staaten. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den sogenannten „Swing States“. Das sind jene Bundesstaaten, die sich weder klar im Lager der Demokraten noch in jenem der Republikaner befinden. Zudem zählen Wahlwerbespots, TV-Debatten und Social-Media-Kampagnen zu den klassischen Mitteln der politischen Kampagnen. Die Kosten können inklusive der Vorwahlen problemlos Summen von einer Milliarde US-Dollar übersteigen. Daher ist es für die Kandidierenden auch besonders wichtig, möglichst viele Spenden einzuwerben.

Ein Blick auf die Belle Isle in Detroit vor der Skyline der Stadt

Umkämpftes Terrain: Michigan zählt traditionell zu den „Swing States“ – hier ein Blick auf die Belle Isle in der größten Stadt des Bundesstaates, Detroit

Die Freiheitsstatue auf Liberty Island

Die Freiheitsstatue in New York City: Die berühmte Fackelträgerin war ein Geschenk Frankreichs an die USA und soll Freiheit und Demokratie symbolisieren

Exkurs: Warum gibt es in den USA nur zwei große Parteien?

Wer die politische Landschaft in den USA beobachtet, weiß, dass es in den Vereinigten Staaten effektiv nur zwei große Parteien gibt. Das hängt in erster Linie mit dem Wahlverfahren zusammen, das die Stimmauszählung der Präsidentschaftswahl bestimmt. Einem Zitat aus dem Matthäusevangelium entsprechend lässt sich das wie folgt zusammenfassen: „Denn wer da hat, dem wird gegeben“. Dieses Prinzip – auch als der Matthäus-Effekt bezeichnet – gilt in gewisser Weise auch für das amerikanische Wahlsystem. Denn bis auf Nebraska und Maine nutzen alle Bundesstaaten der USA ein Verfahren, das dem Winner-Takes-All-Prinzip entspricht – das sogenannte Mehrheitswahlrecht.

Konkret bedeutet das, dass die Partei, die die Mehrheit der Stimmen in einem Bundesstaat ergattert, die gesamten Stimmen der Wahlleute einfährt. Das sorgt für politische Verhältnisse, in denen sehr stabile Mehrheiten entstehen, da sich kleinere Parteien oder Neuankömmlinge angesichts des Verfahrens nur schwer sukzessive etablieren können. Das Winner-Takes-All Prinzip zieht entsprechend auch ein „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ nach sich.

Der Inauguration Day: Amtseinführung des US-Präsidenten

Die Amtseinführung des Präsidenten der USA – auch Inauguration Day genannt – findet am 20. Januar im Jahr nach dem Wahltag statt. Der Tag beginnt oft mit einem Gottesdienst, gefolgt von der Ankunft des Präsidenten und Vizepräsidenten am Kapitol. Beide legen dort den Amtseid ab, wobei der Präsident in der Regel zusätzlich einen Eid auf die Bibel schwört. Dieser wird vom Obersten Richter der Vereinigten Staaten abgenommen.

Auf die Vereidigung folgt anschließend die Antrittsrede des neuen Präsidenten, in der er seine Pläne und Visionen für seine Amtszeit verkündet. Das Ereignis endet danach mit einer großen Parade entlang der Pennsylvania Avenue, die am Abend von mehreren festlichen Bällen begleitet ist. Das Prozedere des Inauguration Day soll so den friedlichen Machtwechsel einleiten und hat eine zentrale Symbolkraft in der amerikanischen Demokratie.

Das Kapitol der Vereinigten Staaten bei Nacht

Das United States Capitol: Vor dem Kapitol der Vereinigten Staaten legt der Präsident nach der Wahl seinen Amtseid ab

Die politischen Schauplätze selbst erleben

Die Independence Hall in Philadelphia

Der Geburtsort der USA: In der Independence Hall in Philadelphia wurde die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet. Die Stadt gilt daher als Wiege der Nation

Die US-Wahlen auf Reisen

Wer sich für das Wahlsystem und die politische Landschaft der USA interessiert, findet viele spannende Orte, die tiefe Einblicke in die Geschichte und Kultur des Landes bieten. 

Eine Stadt, bei der man an dieser Stelle gedanklich schnell landet, ist die Hauptstadt der USA, Washington D.C. In der pulsierenden Großstadt entdecken Sie solch zentrale Symbole der amerikanischen Kultur, wie zum Beispiel das berühmteste Regierungsgebäude der Welt, das Weiße Haus. Darüber hinaus befindet sich hier auch das Capitol, das als Sitz des Kongresses fungiert und der Hauptschauplatz der Amtseinführung des Präsidenten ist. Wer mehr über die Hintergründe erfahren möchte, ist zudem im Museumskomplex Smithsonian bestens aufgehoben. Im zugehörigen National Museum of American History wird die amerikanische Geschichte anschaulich aufgearbeitet und lässt sich hautnah erleben.

Gerade wenn es um die historische Entstehung und Entwicklung der USA geht, ist die Metropole Philadelphia im Bundesstaat Pennsylvania ein spannendes Reiseziel. Als Wiege der amerikanischen Demokratie befinden sich hier Orte von großer Bedeutung, so zum Beispiel die Independence Hall, in der die Declaration of Independence unterzeichnet wurde und die Liberty Bell, deren Läuten die Unabhängigkeit von Großbritannien schließlich verkündete.

Ähnlich verhält es sich mit Boston, einer der ältesten Großstädte der USA. Mit dem Freedom Trail können Sie auf einem rund 4,2 Kilometer langen Rundweg durch die Stadt verschiedene Schauplätze quer durch die amerikanische Geschichte erleben. Zudem entdecken Sie im Old South Meeting House das Gebäude, von dem aus die berühmte Boston Tea Party ihren Anfang nahm.

Ein beeindruckendes Zeugnis der politischen Vergangenheit Amerikas befindet sich auch in den Black Hills in South Dakota, denn hier liegt das berühmte Mount Rushmore National Monument. Das gigantische Denkmal besteht aus vier zirka 18 Meter hohen Skulpturen der ehemaligen Präsidenten George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln, die in das Granitgestein des Mount Rushmore gehauen wurden.

Die Reiterskulptur von George Washington in Boston

Hoch zu Pferde: Das Reiterstandbild von George Washington ziert den Public Garden in Boston

Fun Facts zu den US-Wahlen

Mehr Zustimmung geht nicht!

In der Geschichte der USA gab es exakt einen einstimmig vom Electoral College gewählten Präsidenten und das war gleich der erste überhaupt. George Washington erhielt bei seiner Wahl zum Regierungschef ausnahmslos alle Stimmen der damaligen 69 Wahlleute.

Die Simpsons wussten es schon seit Langem ...

Die Simpsons sind bekannt dafür, ein gutes Gespür für die Entwicklung der amerikanischen Gesellschaft zu haben. Das macht sich nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen bemerkbar. Die Macher der Zeichentrickserie sagten bereits 2001 die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten voraus – immerhin ganze 15 Jahre, bevor die Kandidatur des späteren US-Präsidenten bekannt gegeben wurde.

... und hier lagen die Simpsons nur fast richtig.

Auch Arnold Schwarzenegger wurde von den Machern der Simpsons als Präsident der USA dargestellt. Wer bis hierhin gut aufgepasst hat, weiß jedoch: Der gebürtige Österreicher dürfte gar nicht für das Amt des Präsidenten kandidieren. In der Realität war er jedoch ab 2003 Gouverneur des Bundesstaates Kalifornien, da er auch als eingewanderter US-Bürger für das Amt zugelassen ist. Als Referenz auf seine Actionfilmkarriere genoss er während seiner Amtszeit den Spitznamen „The Governator“. Einen „Presidator“ wird es hingegen so schnell nicht geben.

Minderheitsregierungen

Die geringste Wahlbeteiligung in der modernen Geschichte der USA lag bei 48,9 Prozent im Jahr 1924. Zusammen mit der Wahl 1920, bei der die Beteiligung unter den Wahlberechtigten bei ebenfalls sehr niedrigen 49,2 Prozent lag, sind das die einzigen beiden Wahlen in der neueren Zeit, die eine Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent hatten.

Widerspenstige Wahlleute

Zu keinem anderen Sachverhalt gab es mehr Anträge auf eine Verfassungsänderung als zur Regelung des Electoral College. In der Geschichte der USA wurden bereits 700 Versuche unternommen, an dem System der Wahlleute etwas zu ändern. Bisher war jedoch keine dieser Initiativen erfolgreich, da in mindestens einem der Gremien die notwendigen Mehrheiten für eine Verfassungsänderung fehlten.

Gerrymandering

Einige werden den Begriff Gerrymandering schon mal gehört haben. Dabei handelt es sich um eine Aufteilung von Wahlbezirken, die eine der politischen Parteien besonders begünstigt. Die Bezirke werden dabei so eingeteilt, dass die Stimmen für den Gegner stark konzentriert oder stark verteilt werden, sodass möglichst wenige Mehrheiten in den Bezirken entstehen. Der Name setzt sich aus dem Namen des Erfinders dieser Wahlmanipulation, Elbridge Gerry, und dem salamanderförmigen Bezirk zusammen, den er zuungunsten der politischen Opposition formte.

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